Ein entzückendes Bild von eigenartiger Schönheit, das Ruhe und Frieden atmet

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Exakt 90 Jahre ist es her, als die Bemühungen des Lehrers Pfaffenberg fruchteten und das erste Naturschutzgebiet im Regierungsbezirk Hannover (HA 001) erlassen wurde. Doch um welches Naturschutzgebiet handelt es sich? Lesen sie selbst:

Schreiben vom Dezember 1925 an das Landeskirchenamt in Hannover und an den Herrn Landrat in Sulingen

Auf Grund der in den Anlagen in Abschrift beigefügten Berichte des Lehrers Pfaffenberg in Vorwohlde vom 6. Januar 1925 und des Kommissars für Naturdenkmalpflege vom 22. Oktober 1925 beabsichtige ich, den im Kreis Sulingen in der staatlichen Forst Neubruchhausen gelegenen, im Eigentum der Pfarre zur Sudwalde befindlichen, ungefähr 2,44 ha grossen sogenannten Pastorendiek unter staatlichen Denkmalschutz zu stellen. Den Entwurf einer diesbezüglichen Polizeiverordnung sowei eine Handzeichnung – diese unter Rückerbittung – übersende ich zugebenst zur gefälligen Kenntnis mit der Bitte um Stellungnahme.

Der Kirchengemeinde habe ich Abschrift dieses Schreibens mit seinen Anlagen zugehen lassen.

gez. von Velsen.


Auszüge aus dem Bericht des Lehrers Pfaffenberg vom 6. Januar 1925 an die staatliche Stelle für Naturschutzdenkmalpflege in Berlin
Pastorendiek von Jan Kanzelmeier
Pastorendiek von Jan Kanzelmeier

(…)

Grösser dürfte jedoch die wissenschaftliche Bedeutung sein. Im Jahre 1923 habe ich im Auftrage der Geologischen Landesanstaltz zu Berlin sämtliche Moore unseres Kreises (damals Sulingen Anm. d. Red.) abgebohrt und geologisch kartiert und dieses als das einzige lebende Hochmoor gefunden und noch dazu ein solches im Entstehen.

(…) Die Ränder des Teiches bestehen etwa 10-20 Meter aus reinem Torf und tragen Kiefernanflug mit Calluna vulgaris in üppgien Wachstum. An einer solchen Stelle findet sich das hier sonst sehr seltene Moos Hypnom imponensin grossen Rasen.

Wegen der vorherrschenden Westwinde beginnt die Verlandung des Teiches von der Westseite. Durch Wellenschlag ist die östliche Seite ein Steilufer. Die Steilränder werden durch Bilte des scheidigen Wollgrases (Eriophorum vaginatum) gebildet). (…) Die Westseite ist etwa 20 m weit betretbar und geht wahrscheinlich in eine schwimmende Decke über. (…)

Ist mit der Melioration (Urbarmachung Anm. der Red.) begonnen ?

Nein! Das gebiet befindet sich noch im urwüchsigen Zustande

(…)Mit dem Landrat unseres Kreises habe ich hierüber Rücksprache genommen. Herr Landrat Menger erklärte sich auch bereiten, diesen Plan ev. zu unterstützen. Wenn der Pastorenteich als Naturschutzgebiet erklärt werde, so würde dadurch persönlich niemand geschädigt werden. Aus diesem Grunde bitte ich dringend den Pastorenteich als Naturschutzgebiet zu erklären.

gez. Pfaffenberg, Lehrer


Hannover, den 22. Oktober 1925: Der Kommissar für Naturdenkmalpflege an den Herrn Regierungspräsidenten in Hannover
Pastorendiek von Wilfried Meyer
Pastorendiek von Wilfried Meyer

Betriff: Naturschutzgebiet Pastorendiek bei Sudwalde.

In der Forst Neubruchhausen, Parzelle 88, das Gehege genannt, liegt ein kleines Hochmoor, das einen Teich von 2,4354 ha umgibt, dessen Eigentümer das Pastorat Sudwalde, Kreis Sulingen ist und das im Volksmunde deshalb der Pastorendiek genannt wird.

Das Moor mit dem Teiche liegt kesselartig im Kiefernhochwald, der mit Edeltannen und Weymoutskiefern gemischt ist, und bietet den Beschauern ein entzückendes Bild von eigenartiger Schönheit, das Ruhe und Frieden atmet.

Nach wissenschaftlicher Untersuchung durch den Lehrer Pfaffenberg in Vorwohlde, Kreis Sulingen, der im Auftrage der geologischen Landesanstalt ausgeführt hat, ist es

Hypnum imponens photo by Bob Klips aus ohiomosslichen.org
Hypnum imponens photo by Bob Klips aus ohiomosslichen.org

ein noch unberührtes, diluviales Hochmoor, das einzige dieser Art im Kreise Sulingen und noch im Entstehen begriffen. Die Moosflora zeigt außer einer sehr grossen Zahl von Arten, die allgemein den Hochmooren zukommen, ein in ganz Deutschland sehr seltenes Moos Hypnum imponens in grossen Rasen und auch im Wasser finden sich zwei seltene Lebermoose, Cephalozia fluitans und Jungermannia inflata. Die Phanerogamenflora des Hochmoores ist ebenfalls sehr reichhaltig und zeigt in charakteristischer Weise die beginnende Verlandung wofür auch das Auftreten der in Hochmooren seltenen Calla Palustris spricht. Wegen seiner ungestörten Lage wird es von Wildenten als Brutstätte benutzt.

Nach persönlicher Besichtigung und Begehung des Hochmoores halte ich das Gelände für ein ausgezeichnetes Naturdenkmal und bitte es als Naturschutzgebiet durch Eintragung in die Lister der Naturdenkmäler unter Schutz zu stellen.

Ich schlage vor, als Schutzbestimmung zu verordnen, dass Torfstechen oder die Entwässerung sowie jede Veränderung des Schutzgebietes nur nach Anhören der Aufsichtsbehörde gestattet wird.

gez.: Bock, Professor

 

Calla Palustris findet sich noch heute in großer Zahl (Foto vom Frühjahr 2016)
Calla Palustris findet sich noch heute in großer Zahl (Foto vom Frühjahr 2016)

Die Vorschläge des Professors wurden so angenommen und noch bis heute ist das Gebiet geschützt und nicht nur Naturschutz- sondern auch FFH-Gebiet. Es ist nahezu unverändert. Erleben Sie selbst wie der Pastorenteich Ruhe atmet auf einer Exkursion am 20. Juni. Mehr dazu folgt in Kürze.

 

 

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