Wie erfolgt die Umsetzung von Natura 2000 im Landkreis Diepholz?
Die parkähnliche Landschaft des Landkreises Diepholz, mit seinen Fließgewässern im Norden, der einzigartigen Diepholzer Moorniederung, dem großen Flachsee Dümmer (zweitgrößter Binnensee Niedersachsens) im Süden, ist auch Teil des Natura2000-Netzes. In der strukturreichen Landschaft konnten vielfältige Landschaftsbestandteile erhalten werden, die eine Heimat und einen Rückzugsraum für seltene Tiere und Pflanzen geworden sind.
Helfen Sie uns diese wertvolle Landschaft zu erhalten und zeigen Sie Europa, wie wertvoll und einzigartig unsere Kulturlandschaft ist. Gerade weil unsere Bewohner sie geprägt haben.
Dies sind die Fakten zu Natura 2000 im Landkreis Diepholz:
Insgesamt befinden sich im Landkreis Diepholz 23 Natura 2000-Gebiete, davon
- 19 FFH-Gebiete mit insgesamt 12.613 ha: 6 FFH Gebiete mit insgesamt ca. 7.574 ha wurden 1999 / 2000 ausgewiesen, davon liegen ca. 6.520 ha in vorhandenen Schutzgebieten (NSG, LSG) 13 FFH-Gebiete mit insgesamt 5.039 ha wurden 2004 nachgemeldet, davon liegen ca. 4.039 ha innerhalb vorhandener Schutzgebiete (NSG, LSG)
- 4 EU-Vogelschutzgebiete ca. 18.000 ha
„EU-konforme“ Sicherung der Natura 2000-Gebiete
Ein Teil der Natura 2000-Gebiete im Landkreis fällt 2018 noch in die Kategorie „Nicht EU-konform gesichert“. Bereits EU-konform gesichert wurden durch den Landkreis Diepholz:
- 2015 die „Okeler Sandgrube“ und „Kammmolchbiotop bei Bassum„,
- 2016 das „Kammmolch-Biotop bei Syke“, das Flussgebietssystem „Untere Delme, Hache, Ochtum und Varreler Bäke“ und das „Oppenweher Moor“,
- 2017 die „Steller Heide“ und das Gebiet „Pastorendiek und Amphibiengewässer nördlich Schwaförden“
- 2018 die Gebiete „Swinelake bei Barenburg“, „Geestmoor und Klosterbachtal“, „Amphibienbiotop Friedeholzer Schlatt“, „Wietingsmoor“, „Rehdener Geestmoor“, „Diepholzer Moor“, „Hachetal“, „Rathloser Gehäge“, „Renzeler Moor“ und „Neustädter Moor“.
Zur Behebung der Defizite werden von der unteren Naturschutzbehörde neue Schutzgebietsverordnungen aufgestellt (für FFH-Gebiete die derzeit komplett außerhalb bestehender Schutzgebiete liegen) und die bestehenden Schutzgebietsverordnungen bearbeitet oder durch neue Verordnungen angepasst.
In den „neuen“ bzw. „überarbeiteten“ Verordnungen ist zusätzlich zum allgemeinen Schutzzweck auch der besondere Schutzzweck des Natura 2000-Gebietes konkret zu benennen. Weiterhin sind Verbote, Gebote und Maßnahmen zur Umsetzung der Erhaltungsziele aufzuführen. Neben dem Verordnungstext ist eine Verordnungskarte mit einer genauen Abgrenzung des Schutzgebietes (LSG oder NSG) und der Fläche zur Umsetzung der FFH-und/oder EU-Vogelschutzrichtlinie erforderlich.
Es ist geplant die EU-konforme hoheitliche Sicherung aller FFH-Gebiete bis Ende 2018 zu erreichen.
Verpflichtungen aus der FFH-Richtlinie (Artikel 6)
- Abs. 1: Erhaltungsmaßnahmen: Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen (rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art), entsprechend den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen und der Arten, die in diesen Gebieten vorkommen. Damit soll der sogenannte günstige Erhaltungszustand erreicht werden.
- Abs. 2: Verschlechterungsverbot. Die Zustände Lebensräume und die schützenswerten Arten dürfen sich nicht verschlechtern.
- Abs. 3/4: Verträglichkeitsprüfung/Ausgleichsmaßnahmen: Für Pläne oder Projekte, die das Gebiet erheblich beeinträchtigen können.
Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums:
die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten in dem in Artikel 2 genannten Gebiet auswirken können.
Der „Erhaltungszustand“ eines natürlichen Lebensraums wird als „günstig“ erachtet, wenn
- sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und
- die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiterbestehen werden
- und der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten günstig ist.
Erhaltungszustand einer Art:
die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können.Der Erhaltungszustand wird als „günstig“ betrachtet, wenn
- aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, daß diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, und
- das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und
- ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.
Der Schutz hört nicht an den Grenzen auf
Wichtig ist, dass bei Natura 2000-Gebieten der Schutz nicht automatisch an der Grenze aufhört (Umgebungsschutz). Darüber hinaus orientiert sich der Schutz, anders als bei anderen Schutzgebietskategorien, ausschließlich an den Lebensraumtypen und Arten der Anhänge I und II der Richtlinie, die in den Gebieten vorkommen. Deshalb sind teilweise auch die Störungen oder Beeinträchtigungen von Bedeutung, die außerhalb der Schutzgebietsgrenzen auf die schützenswerten Lebensräume oder Arten einwirken. Der Schutz richtet sich nach den sogenannten Erhaltungszielen.
Hilfreiche Links
- Ergebnisse des Ausschuss für Kreisentwicklung und Umwelt im Landkreis Diepholz
- Tabelle mit allen zu sichernden FFH-Gebieten sowie den Umsetzungsterminen nach Beschluss des Kreisentwicklungsausschusses (Stand 2014)
- Übersichtskarte der FFH-Gebiete im Landkreis Diepholz
- Politische Zielvereinbarung zwischen dem Niedersächsischen Umweltministerium und dem Niedersächsischen Landkreistag
Mit Schreiben vom 27.02.2014 hat die Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (NLWKN) Almut Kottwitz die Landräte, Oberbürgermeister und den Regionspräsident der Region Hannover darüber informiert, dass gegen Deutschland ein Pilotverfahren (Beschwerdeverfahren) zur Ausweisung von Schutzgebieten nach der FFH-Richtlinie eingeleitet wurde.Hintergrund ist, dass die in der FFH-Richtlinie festgelegte Frist zur Sicherung der niedersächsischen FFH-Gebiete Ende des vergangenen Jahres abgelaufen ist.
Hat die Vorgängerregierung noch das mildeste Sicherungsmittel und hier auch überwiegend den Vertragsnaturschutz als geeignet propagiert, ist nunmehr eine hoheitliche Sicherung der Natura 2000-Gebiete durch Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiets-VOen gefordert.
Die derzeitige Situation
Dies bedeutet, dass das ursprünglich in 2005 mit dem Land abgestimmte Sicherungskonzept (siehe beiliegende Tabelle) hinfällig ist. Danach war für einzelne artenbezogene FFH-Gebiete (z. B. FFH 438 „Kammmolchbiotop bei Syke“) abgestimmt, dass eine hoheitliche Sicherung nicht erforderlich ist. Dies galt ebenso für einige Gebiete, die nur teilweise in einem Schutzgebiet liegen.
In Niedersachsen gibt es 385 FFH-Gebiete mit einer Fläche von 610.000 ha. Eine Auswertung der Abfrage durch MU in 2010 ergibt folgende Situation:
- FFH-Gebietsfläche durch neue oder angepasste VOen gesichert 60,1 %
- Flächen des Bundes, die als gesichert gelten 3,2 %
- EU-konform gesicherte Fläche 63,3 %
Diese 63,3 % gesicherte FFH-Gebietsfläche setzt sich jedoch überwiegend aus den Großschutzgebieten (Nationalparks und Biosphärenreservate) zusammen. Ca. 300 FFH-Gebiete sind nicht fertig gesichert! Hierunter fallen auch Gebiete, die zwar schon Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet sind, aber noch nicht dem Schutzzweck und den Erhaltungszielen angepasst sind.
Die Situation im Landkreis Diepholz
Im Landkreis Diepholz befinden sich 19 FFH-Gebiete und 4 Vogelschutzgebiete, die allesamt in die Kategorie „Nicht EU-konform gesichert“ fallen. Da nach Vorgabe der EU die Sicherungsverpflichtungen erst dann als erfüllt gelten, wenn die Sicherung der Fläche das Gebiet zu 100 % und nicht nur zu einem darunter liegenden Anteil („Erfüllungsschwelle“) erfasst, ist selbst das FFH-Gebiet „Geestmoor und Klosterbachtal“ (Ausweisung zum NSG in 2009) nicht vollständig gesichert, da der NLWKN einige randliche Flächen (überwiegend Ackerland) nicht in das NSG einbezogen hat.
- 3 Gebiete im Landkreis Diepholz liegen komplett außerhalb bestehender Schutzgebiete: Kammmolch-Biotop bei Syke, Kammmolch-Biotop bei Bassum sowie Swinelake bei Barenburg
- 3 Gebiete liegen nur teilweise in Landschaftsschutzgebieten/Naturschutzgebieten: Untere Delme, Hache, Ochtum und Varreler Bäke, Steller Heide sowie Pastorendiek und Amphibiengewässer
In diesen drei und den übrigen 13 FFH-Gebieten gibt es 23 NSG-VOen und 12 LSG-VOen, die es zu bearbeiten gilt oder durch neue Verordnungen abzulösen sind.
Forderungen des Niedersächsischen Umweltministeriums
Das Niedersächsische Umweltministerium hat von allen unteren Naturschutzbehörden einen Bericht zum Stand der Sicherung der FFH-Gebiete angefordert. Danach sind für sämtliche nicht gesicherten FFH-Gebiete geplante Umsetzungstermine zu nennen. Die in dem Bericht des Landkreises Diepholz genannten Termine ergeben sich aus der anliegenden Tabelle zum geplanten Ablauf der hoheitlichen Sicherung der FFH-Gebiete im Landkreis Diepholz, Stand 2014. Dieser Bericht wurde unter dem Vorbehalt entsprechender Beschlussfassungen durch die politischen Gremien des Landkreises Diepholz abgegeben. Übersichtskarten für alle FFH-Gebiete mit einer Darstellung über den jeweiligen Handlungsbedarf sind ebenfalls beigefügt.
Um eine EU-konforme hoheitliche Sicherung aller FFH-Gebiete bis Ende 2018 zu erreichen, ist der Einsatz von zusätzlichem Personal im Fachdienst Kreisentwicklung notwendig. Es wird davon ausgegangen, dass hier mind. 2 weitere Mitarbeiter erforderlich sind. Außerdem müssen für die Haushaltsjahre 2015 bis 2018 zusätzliche Mittel für Auftragsvergaben an Planungsbüros eingeplant werden.